Gedanken zu den TT-Finals in Erfurt | Folge 4

Zum zweiten Mal wurden in Erfurt die Deutschen Meisterschaften – die sogenannten „TT-Finals“ –  unter einem Dach ausgetragen. Dabei konnte ich mit vier verschiedenen Tischtennisspielern und dem Sportdirektor des DTTB sprechen. Deren Gedanken zu einem Großevent, welches in der Form in Europa einzigartig ist.

Drei Hallen, 93 Tische, fünf verschiedene Wettbewerbe und rund 1.000 Teilnehmer – das waren die Rahmenbedingungen der diesjährigen Deutschen Meisterschaften in Erfurt. Ein Größenmaß, was es in Europa geschweige denn in Deutschland bisher noch nie gegeben hat. In den vergangenen Jahrzehnte fanden bis 2023 die Meisterschaften der Damen und Herren, der Senioren und des Nachwuchses noch an getrennten Standorten statt. In Erfurt wurden sie nun zum zweiten Mal zusammen mit den Deutschen Meisterschaften der Leistungsklassen zentral ausgetragen.

Für den Thüringer Sebastian Carl, der für den TT-Shop Jesumann in der Messehalle Tischtennistrikots und -schläger verkauft hat, war das ein ganz besonderes Erlebnis: „Es ist einfach schön ein Teil dieses Megaevents zu sein. Ich bin Trainingspartner an der Sportschule und kriege die Spannung dadurch schon vorher mit. Die Jungs und Mädels ackern monatelang auf dieses Event hin.“

Und das um auch am Ende die Finals vor dem Publikum spielen zu dürfen. DTTB-Sportdirektor Richard Prause: „Wir haben hier Teilnehmer von 11 bis 91 Jahren. Dass wir Finalpartien der U15 und U19 vor so einer großen Zuschauerzahl erleben dürfen – das macht schon Spaß. Generell hat sich das Konzept auch im zweiten Jahr bewährt.“ Für Prause war besonders bemerkenswert, wie die Größe der deutschen Tischtennis-Community bei den TT-Finals erneut sichtbar geworden ist.

Auch die Teilnehmer selbst zeigten sich überzeugt vom neuen Format: „Ich finde es ein tolles Konzept, bei dem wirklich Jung und Alt zusammenkommen. Das ist eine gute Sache für die Gemeinschaft und das Miteinander. Es werden tolle Werte durch die TT-Finals vermittelt“, sagte Drittligaspieler Johann Koschmieder vom TTC Sachsenring Hohenstein-Ernstthal im Interview. Koschmieder musste in der Vorrunde gegen den gebürtigen Sachsen Benno Oehme und den Deutschen U18-Meister Lleyton Ullmann antreten. Gegen beide verlor er denkbar knapp und verpasste so den Einzug in die K.-o.-Phase:
„Ich hatte gegen beide meine Chancen. Im Aufschlag-Rückschlag-Spiel haben aber ein paar Prozente gefehlt – da merkt man, dass sie als Profis einfach ein anderes Trainingspensum haben“, so Johann Koschmieder. Im vergangenen Jahr konnte er sich gemeinsam mit Alexander Flemming einen „Kindheitstraum“ erfüllen und die Bronzemedaille im Doppel gewinnen.

Alex Flemming wuchs bei seinen vorerst letzten Deutschen Meisterschaften noch einmal über sich hinaus: Silber im Doppel und Bronze im Einzel krönten eine beeindruckende Karriere des inzwischen 37-Jährigen. „Das ist viel mehr, als ich erwartet hatte. Ich dachte, meine nächsten Einzelmedaillen kommen erst wieder in der Seniorenkonkurrenz“, sagte Flemming mit einem Augenzwinkern. Im Viertelfinale kam es dabei zur spektakulären Begegnung mit Sachsenring-Spieler Carlos Mühlbach, wo Flemming mit einer taktisch klugen Partie die Oberhand behalten konnte. Auch für ihn war das Trainingsvolumen ein entscheidender Faktor, warum es schwer ist bei den TT-Finals gegen die Profis zu gewinnen. Enttäuscht zeigte er sich allerdings über die Absagen zahlreicher Topspieler: „Wir beobachten das eher kritisch. Wir freuen uns, wenn ein Dima oder ein Franziska dabei sind“, erklärte er.

Unter anderem durch die Absagen gewann am Ende Kay Stumper den Einzelwettbewerb der Herren. Im Doppelfinale unterlagen Flemming und dessen Teamkollege Matthias Danzer dem Duo Andre Bertelsmeier und Wim Verdonschot. „Ich bin sehr glücklich über das Doppel. Wim und ich haben super zusammengespielt. Ich freue mich riesig, dass ich vor dieser Kulisse meinen ersten Deutschen Meistertitel gewinnen konnte. Mal sehen, was die Zukunft bringt“, sagte das deutsche Nachwuchstalent Bertelsmeier unmittelbar nach der Partie. 

Im Damenbereich stellte sich die Situation etwas anders dar: Hier nahmen auch die deutschen Topspielerinnen am Wettbewerb teil. Besonders eindrucksvoll war der Auftritt von Annett Kaufmann, die sich im Finale gegen Sabine Winter durchsetzte. Winter hatte zuvor gemeinsam mit der in Dippoldiswalde lebenden Kathrin Mühlbach die Doppelkonkurrenz gewonnen. Die Entwicklung von Kaufmann in den vergangenen Jahren ist mehr als beeindruckend. Es ist davon auszugehen, dass sie auch in den kommenden Jahren zu den Topfavoritinnen zählen wird – mit dem Potenzial, eine ähnliche Titelsammlung wie Timo Boll aufzubauen.


Hier findet ihr die Interviews in voller Länge. Andre verrät uns unter anderem, wie er auf seine erste Bundesligasaison in Bad Königshofen blickt, Alex äußert sich zu einer möglichen Rückkehr nach Sachsen und Johann erzählt, welches Ziel er in Zukunft erreichen will.

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